Der Komponist und Musikproduzent Andreas Fabianek und der globale Designnetzwerker
Martin Krammer im Gespräch über Food Design, Wertschöpfungskette
und Visionen.
Foodline kommt von …?
Die Foodline geht heuer ja in die dritte Runde …
Fabianek: Ja, man kann diese Dreiheit durchaus als Prozess sehen. Die Foodline 2009 hatte die Überschrift NOMADENTUM. Es ging um Aspekte einer relativ radikalen Mobilität, die die Gesellschaft in den letzten 50 Jahren entwickelt hat. Das hat weitergeführt zur Foodline 2010 mit dem Titel TRANSFORMATION. Vier Workshops drehten sich um das Thema, wie sich die globale Verschmelzung von Prozessen hin zur Transformation entwickelt. Wir haben beispielsweise mit Professionisten wie Haya Molcho mit ihren israelischen Wurzeln oder Anne Sophie Hardenberg aus Grönland zusammengearbeitet. Dabei haben sich Teilnehmende und Experten mit folgender Frage auseinander- gesetzt: Wie funktioniert die Transformation von althergebrachten Rezepturen aus anderen Kulturkreisen, immigriert zu uns mit unseren Rohstoffen? Und das war die Vorstufe für das heurige Thema, wo wir uns damit beschäftigen, wie man per weltweiter Vernetzung andere Designprozesse integrieren kann. Wir fragen uns, was passiert, wenn wir eine Maschine aufstellen, die von außen kreativ mit dem beschickt wird, was ein Designkünstler irgendwo auf der Welt aus einer gewissen Kombination aus Rohstoffen kreiert.
Krammer: Als ich Designern in Amerika – in Los Angeles – erzählt habe, was wir vorhaben, kam nur: „Ihr seid ein paar Wochen früher dran als wir!“
Kann man sich das dann wie eine Live-Op vorstellen?
Beide: Machbar wäre es.
Womit beschäftigt sich Foodline grundsätzlich?
Krammer: Foodline ist die Beschäftigung mit dem, was Food ist. Wir wollen uns alle Aspekte des Essens möglichst breit anschauen und reflektieren. Intelligent Food meint beispielsweise, dass ein Lebensmittel mehr kann, als es eigentlich ist. Nirgendwo wird so viel gelogen wie beim Essen. Ich bin der Meinung, bei uns gibt es wenig Bewusstsein, was die gesamte Wertschöpfungskette bedeutet.
Kann man dem entgegenwirken?
Krammer: Ich möchte das gar nicht beurteilen. Das liegt nicht in unseren Möglichkeiten, wir haben keine besonders moralische Intention.
Fabianek: Es herrscht in der Nahrungsmitteltechnologie einfach eine sehr große Verschleierungstechnik. Zurück aber zum Begriff Food Design: Essen hat unendlich viele Design-Aspekte; dabei sehen wir den Begriff Food Design weiter gefasst. Über das „Wie man Essen präsentiert“ oder geschmackliches Design gibt es eben noch zahlreiche weitere Design-Aspekte.
Essen beginnt bei dem Gedanken daran und hört mit der Verdauung auf?
Fabianek: Ja, das ist ein spannender Aspekt, den du ansprichst. Genuss und geschmackliches Erlebnis gehen mit einem großen körperlichen Wohlbefinden einher. Sauerkraut ohne Kümmel bringt einen in einen nicht angenehmen körperlichen Zustand. (lacht) Wenn man hingegen Sauerkraut mit Kümmel würzt, dann ist das in Wahrheit auch ein Design-Aspekt. Ein Geschmackserlebnis, das den Essenden emotional in einen anderen Zustand hebt.
Krammer: Dein Körper wird gestaltet über Essen. Du bist, was du isst, man sieht es dir an; das stimmt.
Was erwartet die Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer heuer bei der Foodline?
Krammer: Wir wollen einfach einmal mit dem Essen experimentieren, spielen und schauen, was dabei herauskommt – auf unkonventionelle Art. Wenn man in unserem Fall dem Foodprinter eine Information, also eine Rezeptur mit einem Programm einspielt, trägt er Essen – beispielsweise Gelee oder Schokolade – in Schichten auf. Man kann auch mit dem Laser kochen – kochen im Sinne von designen. Du nimmst Eiweiß, erhärtest Teile davon und nimmst ein Eiweißnetz heraus – wenn das funktioniert; das wissen wir nicht so genau. Das sind alles Dinge, die wie in einem Experiment ablaufen. Die Foodline soll heuer so etwas werden wie ein Labor, das dann am Ende etwas produziert, das man vielleicht essen kann. Es geht nicht darum, dass man Lösungen produziert, sondern dass man in diesem Prozess Dinge auslotet.
Fabianek: Man muss auch die Serie sehen, als eine geballte Inspirationsquelle … du solltest selber mit der Vision reingehen, selber mit dem Thema weiterarbeiten und weitergestalten und etwas finden, das dich bereichert. In der allerärgsten Vision eröffnen wir einen neuen Markt mit einer neuen Profession.
Interview: Susanne Lipinski
Foodline 2011: Open Food Design
Programm im Überblick:
Workshop mit Spontanvorträgen von White Elephant, Fluid Forms, Philip Steffan von Open Design City, Berlin, etc:
FR 20. Mai ab 14.00 Uhr
Open Production:
SA 21. Mai von 10.00 bis 18.00 Uhr
Robotic Dinner:
Kochweltmeister Franz Peier bringt Open Design geschmacklich zur Entfaltung.
Sa 21. Mai 2011, ab 18.00 Uhr
Kosten:
Für jene die den ganzen Workshop mitmachen wollen: 40 €
Robotic Dinner ohne Workshop: 25 €
Ort:
Lendloft, Lendplatz 40, 8020 Graz
Weitere Informationen und Anmeldung: elligraz(at)gmail.com
http://www.cis.at/de/community-news/inside-styria/foodline-2011
siehe auch:
http://krammer.typepad.com/blog/2011/05/foodline-2011-open-food-design.html
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